02. Dezember 2017

»Schottenhöfen – Mühlstein« – Eine geschichtliche Liebeserklärung

Thomas Laifer hat erneut eine Publikation zur Geschichte der Heimat erstellt – Rund 100 Besucher kamen zum 7. Nordracher Geschichtstag

Vereinsvorsitzender Herbert Vollmer (links) würdigte die Arbeit von Autor Thomas Laifer (Mitte). ­ Eine wichtige Hilfe bei den Nachforschungen im Freiburger Diözesan-Archiv war Othmar Wolf (rechts).

Am Samstag stellte Thomas Laifer sein nahezu 100 Seiten starkes Buch über Nordrachs berühmten Weiler vor. Vier Jahre hat er an den Hof- und Familiengeschichten gearbeitet und dabei zahlreiche Quellen studiert. Der Historische Verein Nordrach beschert der interessierten Öffentlichkeit erneut eine bedeutende Publikation zur Geschichte der Heimat.

ahezu 100 Besucher fanden den Weg ins Nordracher Pfarr­heim, um den Vortrag von Thomas Laifer über seine historische Kärrnerarbeit zu hören. Es spricht für die Bescheidenheit des Heimatforschers, dass er um Nachsicht bat, wenn sich in die Darstellung Fehler eingeschlichen haben sollten. In Wahrheit achtet Laifer bei seiner geschichtlichen Arbeit auf eine akribische Genauigkeit.
Der Anspruch der Zuverlässigkeit hatte es indessen schwer, weil in den Abgabenlisten des Klosters Gengenbach, den Taufbüchern, den Heirats- und Sterbebüchern derselbe Name oft sehr verschieden geschrieben wird. So findet sich z. B. der verbreitete Name »Riehle« in sehr unterschiedlichen Varianten, nämlich als »Rili, Rieli, Rilig, Rillig, Riehli, Riehlig, Riler, Rieler und Riehler«. Insgesamt wurden 220 Quellen benützt und 1.300 Namen von Hofbewohnern in das Buch aufgenommen.

Eine wichtige Stütze für Laifer war Othmar Wolf. Der gebürtige Nordracher wohnt aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit bei der Telekommunikation in Freiburg. Der Ruheständler ist schon länger vom heimatgeschichtlichen Fieber gepackt. Er begab sich immer wieder in das Archiv der Erzdiözese Freiburg, um für Laifer die Namen und Daten der Bewohner vom Mühlstein und den Schottenhöfen zu erkunden.

Bedrohte Lebenserwartung

Laifer musste feststellen, dass häufig Frauen bei der Entbindung starben. Deshalb haben mehrere Bauern mehrmals geheiratet; manche bis zur vier Mal. Oftmals führte in der Zeit des Kindbetts eine ledige Schwester der Ehefrau dem Bauer den Haushalt. Starb die Frau, heiratete der Bauer oftmals binnen weniger Wochen die ledige Schwägerin.

Auch bei den Männern war die Lebenserwartung nicht immer hoch. »Das Holzfällen und der Transport von Stammholz« aber auch die Abfuhr von Brennholz im Winter mit dem Schlitten haben manche Bauern mit dem Leben bezahlt. Um den Fortbestand des Hofes zu sichern, musste in kurzer Zeit »wieder ein Bauer her«. Bisweilen heiratete ein junger Bursche, der keine Aussicht hatte, den elterlichen Hof zu übernehmen, eine 10 bis 15 Jahre ältere Bäuerin.

Vom »Mühlstein« ist zum ersten Mal in einer Stiftungsurkunde aus dem Jahre 1362 die Rede. Darin haben der Bischof von Straßburg und der Abt des Klosters Gengenbach die Stelle für Zell einen Geistlichen eingerichtet. Auch der Mühlstein sollte mit einem Grundstück zum Unterhalt beitragen. Desgleichen wird eine »Schottenmatte« im hinteren Hambach in der Pfründe für den Geistlichen aufgeführt. Die Matt gehörte übrigens damals einem Zeller Bürger. Die Verbindung des Mühlstein und der Schottenhöfe zum Zeller »Kirchspiel« ist bis heute geblieben.

Als Nordrach nach der Säkularisation (1803 – 1806) eine eigenständige Gemeinde wurde, wurden der Mühlstein und die Schottenhöfe eingebunden. Laifer vermutet, dass eine Aufteilung der Liegenschaften beider Mühlstein­höfe auf zwei verschiedene Gemarkungen, Nordrach und Harmersbach, vermieden werden sollte. 1823 und danach gab es aus den Reihen der Hofbesitzer Anträge für eine Unabhängigkeit von Nordrach. Die badisch-großherzogliche Behörde hat dies aber abgelehnt. Wenn es noch einen Zweifel über die Zugehörigkeit zu Nordrach gegeben haben sollte, so hat sie der Nordracher Thomas Laifer mit seiner Arbeit ausgeräumt. Sie gleicht bei aller Wissenschaftlichkeit einer Liebeserklärung.

Eine wertvolle Hilfe

Laifer sieht im Mühlstein einen Dinghof, von dem aus die weitere Umgebung gerodet und für neue Höfe erschlossen wurde. In seiner Publikation führt Laifer insgesamt 15 Hofstellen auf. Das Buch ist vorab für die heutigen Hof-Besitzer ein wertvoller Schatz, um Näheres über ihre Vorfahren oder Vorbesitzer zu erfahren.

Dankbar ist aber auch der Wanderer, der gerne seinen Blick erweitert. Er findet in der vorliegenden Schrift eine hervorragende Zusammenstellung. Die von den Hofbesitzern beigesteuerten älteren Fotos werden durch aktuelle ergänzt. Letztere stammen überwiegend vom Vorsitzenden des Historischen Vereins, Herbert Vollmer. Ausschnitte von Eckbalken und Grundsteinen machen auf Namen und Jahreszahlen aufmerksam.

Zur Buchvorstellung waren die Familien von Mühlstein und Schottenhöfen schriftlich eingeladen worden. Und sie kamen in großer Zahl. Viele von ihnen hatten Laifer über die Jahre bei seiner Recherche aktiv unterstützt. Die ers­ten Exemplare wurden daher an die Vetreter/innen der beschriebenen Familien geschenkweise überreicht.

Hergestellt wurde die neuerliche Schrift des Historischen Vereins wieder im Verlag der Schwarzwälder Post. Seniorchef Herbert Schwendemann nahm den Dank für die bewährte Zusammenarbeit entgegen. Zur Finanzierung hatte erneut die Wilhelm-Oberle-Stiftung beigetragen, aber auch in besonderer Weise Frieda Oehler. Das Buch kann daher zum günstigen Preis von 8 Euro erworben werden und zwar in Nordrach bei der Touristen-Info, beim Frischemarkt Herbrik, im Gasthaus Mühlstein sowie in den Zeller Buchhandlungen.

Ausdrücklich gedachte Herbert Vollmer am 7. Geschichtstag des Historischen Vereins des Vorstandmitglieds Rolf Oswald. Er gehörte zu den Initiatoren dieses jährlich wiederkehrenden Gedenktages und auch zu den Verfassern der verschiedenen Publikationen. Leider war es Oswald aus gesundheitlichen Gründen nicht vergönnt, an der diesjährigen Veranstaltung teilzunehmen. Der Vorsitzende wünschte ihm gute Besserung.